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Beitrag vom 11.09.2007
Das neue Eva-Prinzip - Arbeitslosigkeit
Jule Fischer
Eva Herman lobt die NS-Familienpolitik und fliegt beim NDR raus. Nun hat sie viel Zeit für ihren "Mutterkreuzzug" gegen die arbeitende Frau und fürs Apfelkuchenbacken
Ihren weisen Rat an "uns" Frauen hätte Eva Herman besser selbst befolgt: "Einfach mal den Mund halten".
Vielleicht wäre die frühere Tagesschau-Sprecherin dann noch Moderatorin beim NDR. Bei der Vorstellung ihres neuen Buches "Das Prinzip Arche Noah. Warum wir die Familie retten müssen" am 6. September 2007 in Berlin, ließen einige Äußerungen Hermans zur Familienpolitik erneut Zweifel an der geistigen Kompetenz der Ex-Moderatorin zu.
Richtig unschön wurde es jedoch, als die ehemalige Tagesschau-Sprecherin aus heiterem Himmel anfing, die Familienpolitik der Nazis zu loben. In alter "Hitler-hat–die-Autobahnen-gebaut-Manier" hieß es wörtlich und zusammenhanglos: "Aber es ist damals auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft, es durfte nichts mehr stehen bleiben."
Lange, vielleicht zu lange hatte der NDR die öffentlichen Parolen seiner Moderatorin als "Privatsache" geduldet. Keine Privatsache mehr war jedoch die Verniedlichung des Nationalsozialismus.
Volker Herres, Fernsehprogrammdirektor des NDR zog die Konsequenzen und verkündete die Trennung von Sender und Moderatorin mit den Worten "Frau Herman steht es frei, ihren ´Mutterkreuzzug´ fortzusetzen, aber mit der Rolle einer NDR-Fernsehmoderatorin ist dies nicht länger zu vereinbaren".
Noch deutlicher wurde Michael Fürst, Mitglied des NDR-Verwaltungsrates und Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde von Hannover: "Wenn sie diesen verquasten Unsinn so gesagt hat, spricht das für ein sehr schlichtes Gemüt und ist historisch unverantwortlich. Dieses schlichte Gemüt zeigt sich auch in ihren Büchern."
Verbaler "Ausrutscher" oder "tiefsitzender Hass gegen die moderne Lebenswelt"?
Schon am Tag des Rausschmisses stritten viele InternetdiskutantInnen über die Reaktion des NDR. Nicht wenige hielten sie für überzogen, es sei schließlich nur ein "verbaler Ausrutscher" gewesen.
Dass es sich nicht um einen solchen "Ausrutscher" handelte, sondern dies vielmehr der berühmte Tropfen in dem übervollen Fass war, der zur Trennung von Eva Herman führte, bestätigte Herres ebenfalls. Herman hatte ihre Vorstellungen zur NS-Familienpolitik auch vor dem NDR noch einmal bestätigt.
Doch es war nicht nur ihre letzte, unfassbare Entgleisung, die Herman ins Abseits beförderte. Zweifel an der demokratischen Gesinnung der selbsternannten Tabubrecherin waren in der Vergangenheit mehrfach aufgekommen.
So konnte sie der NDR 2006 nur mühsam von einem Vortrag bei einer Unterorganisation der rechtsnationalen FPÖ abbringen.
Nach Meinung der schärfsten Herman-Kritikerin Thea Dorn ("Die F-Klasse") hätte der NDR bereits im letzten Herbst Konsequenzen ziehen müssen, denn "das "Eva-Prinzip", hätte genug Anlass geboten, daran zu zweifeln, dass sich seine Autorin noch im ideellen Raum einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt".
In ihrem Artikel "Endlich Zeit für Apfelkuchen" für "SPIEGEL ONLINE" entlarvt Dorn den totalitären Kern des hermanschen Weltbilds, welcher sich speziell im Vokabular der Ex-Moderatorin widerspiegelt.
Die ständig wiederholte Parole "Wir Deutschen sterben aus" ist nur ein Beispiel, der Begriff "Aufbewahrungsanstalten" für Kindergärten ist ein anderes aus dem Kreuzzugwörterbuch von Eva Herman.
Wie Dorn im Deutschlandfunk erklärte, sei dieses Weltbild von "Tiefsitzendem Hass auf die moderne Lebenswelt" geprägt.
Ist Eva Herman "christliche Fundamentalistin"?
NDR-Programmchef Volker Herres beklagte weiterhin, Eva Herman habe in ihrer Funktion als Buchautorin den nötigen Abstand zu ihrer Arbeit als Moderatorin vermissen lassen. So forderte sie in ihrer Sendung mit Bettina Tietjen beispielsweise die Kirchen auf, stärker im Fernsehen Präsenz zu zeigen und sich deutlicher zum Rollenverständnis von Mann und Frau zu äußern.
Beleidigt zeigte sich Herman bei der Pressekonferenz darüber, als christliche Fundamentalistin hingestellt zu werden. Dies ist jedoch nicht abwegig, vertritt sie doch Positionen, die nicht einmal mehr der Vatikan verkündet.
In seinem "Brief an die Frauen" bewies Johannes Paul II., dass selbst der Vatikan Eva Herman um einige Jahrhunderte überholt hat. Zur Pekinger Weltfrauenkonferenz 1995 schrieb er:
"Dank sei dir, berufstätige Frau, die du dich in allen Bereichen des sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen, künstlerischen und politischen Lebens engagierst, für deinen unverzichtbaren Beitrag zum Aufbau einer Kultur, die Vernunft und Gefühl zu verbinden vermag, zu einem Verständnis vom Leben, das stets offen ist für den Sinn des ´Geheimnisses´, zur Errichtung wirtschaftlicher und politischer Strukturen, die mehr Menschlichkeit aufweisen."
Eva Hermans Werke haben nicht nur totalitäre Züge, sie sind auch von einem religiösen Fundamentalismus geprägt. Denn wie Herman sehen FundamentalistInnen dem Wandel von Gesellschaft und Kirche naturgemäß pessimistisch entgegen. Da sie die Gegenwart als verkommen ansehen, fordern sie die Rückbesinnung auf traditionelle Werte und Dogmen. Nichts sehnlicher als das wünscht sich auch Eva Herman.
Das Buch
Um das "Eva-Prinzip" wurde 2006 heftig gestritten, in nahezu jeder Kritik fiel das Buch gnadenlos durch, weil es von Plattitüden à la "Männer sind nicht zur Hausarbeit veranlagt" oder "Wir leben im Sozialismus" nur so wimmelt. Doch Eva Herman hat nichts aus der Kritik gelernt. Im Gegenteil: Ihr neues Buch "Das Prinzip Arche Noah. Warum wir die Familie retten müssen" zeigt eine Radikalisierung ihrer Positionen, die mit noch haarsträubenderer Faktenungenauigkeit belegt werden.
"Gender-Mainstreaming" nach Hausfrauenart
Ihre Auseinandersetzung mit dem Begriff "Gender-Mainstreaming" im 6. Kapitel von "Das Prinzip Arche Noah" steht stellvertretend für das ganze Buch. Die Durchsetzung des Prinzips "Gender-Mainstreaming" hat nach Eva H. "die Uniformierung des Menschen" zum Ziel, sie verfolge "eine Strategie, wie sie totalitären Systemen zu eigen ist."
"Gender-Mainstreaming" hat jedoch nichts mit Gleichmacherei zu tun, es bezeichnet vielmehr ein Konzept der Entwicklungspolitik, welches statt spezieller Frauenpolitik beide Geschlechter gleichermaßen in die Planung einbeziehen soll. Gender unterscheidet sich vom biologischen Geschlecht. Der Begriff bezeichnet die sozial, kulturell oder gesellschaftlich konstruierten Geschlechterrollen. Es soll nicht nur Frauen helfen, beispielsweise beruflich die gleichen Chancen zu haben wie Männer. Gender hilft auch Männern, sich vom Rollenverständnis zu lösen. Dies passt natürlich nicht in das Weltbild von Eva Herman, bei der Männer immer den Beschützer spielen müssen und Frauen das Heimchen am Herd.
Problematisch sind jedoch nicht Eva Hermans Vorstellungen zu ihrer persönlichen Rolle als Frau und Mutter. Jedem Menschen ist es freigestellt, ob er gemäß dem traditionellem Rollenbild lebt oder nicht. Selbstverständlich sollen Frauen UND Männer, die ihre Kinder zuhause erziehen genauso respektvoll behandelt werden, wie Berufstätige.
ABER: Das Recht auf diese Meinung ist im Falle Eva Hermans zu einem missionarischen Feldzug mutiert, der populistisch und skandalös schlecht recherchiert ist.
Beispielsweise führt Eva Herman erneut die Berufstätigkeit von Frauen auf die geringe Fertilitätsrate zurück. Sie beruft sich hierbei auf das Statistische Bundesamt. Komisch. Das Statistische Bundesamt schreibt etwas ganz anderes: "So zeigen international vergleichbare Studien, dass eine hohe Frauenbewerbsbeteiligung sowohl mit geringen wie auch mit hohen Fertilitätsraten korrelieren. Beispiele für einen positiven Zusammenhang zwischen der Frauenerwerbsquote und Geburtenziffern sind Norwegen und Island. Vice Visa ist eine geringe Erwerbsbeteiligung nicht gleichbedeutend mit einer hohen Fertilitätsrate, sondern kann ebenso mit einem niedrigen Geburtenniveau einhergehen. Beispiele hierfür sind Italien, Griechenland und Spanien."
Siehe Statistisches Bundesamt.
Die Debatte um Eva Herman wird uns wie im vergangenen Herbst lange weiter beschäftigen. Hoffentlich wird dank Thea Dorn vielleicht auch den Ewiggestrigen klar werden, dass Eva Herman nicht das Opfer eines "aufgebauschten Ausrutschers" ist, sondern seit Jahren ein untragbares Weltbild propagiert. Am Nationalsozialismus gibt es nichts zu verharmlosen. Wahrscheinlicher ist es wohl, dass die Eva-Herman-Fangemeinde Thea Dorn gar nicht liest und stattdessen weiter "endlich hat es mal einer gesagt" schwadroniert.
In Deutschland ist es scheinbar kein Tabubruch, antifreiheitliche und frauenfeindliche Parolen von sich zu geben. Dafür wird man nicht gefeuert. Wenigstens bleibt uns aber, wie Thea Dorn schreibt, eine der stabilsten Schwellen zum Tabubruch. Und diese Schwelle ist übertreten, wenn "Sätze über das ´Dritte Reich´ mit einem ´Es war nicht alles schlecht´ ...beginnen."
Weitere Infos:
Homepage von Thea Dorn: www.theadorn.de
SPIEGEL ONLINE: www.spiegel.de
Nachrichten für JournalistInnen: www.newsroom.de
Netzeitung: www.netzeitung.de